Vor einiger Zeit steckte mir eine Kursteilnehmerin einen Film zu, der 1976 in den westdeutschen Kinos anlief und eine ganz ausgezeichnete Milieustudie des deutschen Handwerksbäckers ist.
Was Moby Dick für den Walfang ist, ist dieser Film fürs Brotbacken.
(Financial Times)
“Das Brot des Bäckers” von Regisseur und Bäckersohn Erwin Keusch habe ich mir gestern Abend angesehen und bin beeindruckt. Ruhige Erzählweise, Blick für Wesentliches, scheinbar kein Spannungsbogen und dennoch mitreißend.
Die Geschichte ist einfach und bedrückend. Sie hat an Aktualität nichts verloren, obwohl der Film schon fast 40 Jahre alt ist. Die Situation hat sich seitdem nur noch weiter verschlimmert.
Werner beginnt eine Ausbildung bei Bäckermeister Baum, ohne dass er vorher großartig darüber nachgedacht hätte, was auf ihn zukommen wird. Aber er fuchst sich hinein, auch dank Baums direkter und hilfreicher Art. Von Jahr zu Jahr nimmt der Preisdruck zu, erst recht als ein Supermarkt in der Nähe eröffnet wird. Entgegen seiner Überzeugung lässt sich Baum zu Modernisierungsmaßnahmen in der Backstube und Zeitersparnissen bei den Rezepturen verleiten, nur die erhofften Gewinne bleiben aus. Während Werner in die Industriebäckerei wechselt, bleibt Baum als Einmannbetrieb zurück.
Das ist nicht alles. Der Film ist vielschichtiger und wartet mit einer Wende gegen Ende der Spielzeit auf. Der Zuschauer bleibt dennoch etwas ernüchtert und ratlos zurück, angesichts der weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der Bäckerei, die Erwin Keusch offen lässt.
Nicht umsonst hat Bernd Tauber den Bundesfilmpreis für seine Rolle als Werner erhalten. Authentisch und gut. Überhaupt zeichnet der Film das Bäckerleben realistisch nach, ganz ohne Bäckerromantik.
Weil “Das Brot des Bäckers” an Aktualität nichts verloren hat und ein aus meiner Sicht so ausnahmslos beeindruckendes Werk ist, habe ich quasi über Nacht die Idee geboren, die mir geschenkte DVD in der Blogosphäre auf Wanderschaft gehen zu lassen.
Das sind die Regeln:
- Film anschauen und deine Meinung darüber im eigenen Blog notieren (bitte immer mit dem Hashtag #brotfilmreise)
- einen anderen Food-/Brotblogger aussuchen und die DVD per Post mit diesen Hinweisen hier an ihn schicken
- zur DVD immer eine kleine Notiz, Visitenkarte etc. legen, damit die Filmschauenden wissen, bei wem die DVD schon überall war
Der erste Auserwählte Film-Empfänger ist Freund und Bäckermeister Dietmar Kappl, der von Rationalisierung und Technisierung ein Lied singen kann, weil er gerade mittendrin steckt.
Ich bin gespannt, wie weit die DVD reisen wird.
Interessantes Detail: Das im Film beschriebene Schicksal ereilte die Hersbrucker Bäckerei, in der gedreht wurde, 2010 selbst. Sie wurde aufgegeben.
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Der Beitrag “Das Brot des Bäckers” – Ein Film geht auf Reisen erschien zuerst auf Plötzblog - Selbst gutes Brot backen.